, Margit Siegrist

Heidekraut (Familie der Ericaceae)

Recht viele Zwergsträucher tragen in der Umgangssprache den Namen „Heidekraut“ und in dieses sprachliche und gärtnerische Durcheinander möchte ich dieses Mal etwas Ordnung und Durchblick bringen, was nicht ganz einfach ist.
Alle gehören zur Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae), sind sehr gute Bienenweiden und sehen auch ziemlich ähnlich aus, haben aber sehr unterschiedliche Blütezeiten und Ansprüche an den Boden.
Diese Familie teilt sich in die zwei Gattungen „Erica“ und „Calluna“ (eigentlich in 126 Gattungen, aber die anderen lassen wir der Einfachheit halber mal schlicht weg).
Fangen wir mit der im Spätherbst überall angebotenen „Besenheide“ (Calluna vulgaris) an, die auch den grössten Fallstrick für alle bienenfreundlichen Garten-, bzw. Balkonbesitzer darstellt.
Denn die allermeisten der in den Gartencentern angebotenen Besenheiden gehören zur Zuchtform der „Knospenheide“ und sind damit für Nektar suchende Insekten völlig wertlos. Diese Sorte verharrt nämlich endlos im Knospenstadium, ohne jemals aufzublühen. Durch diesen züchterischen Trick sieht die Pflanze länger hübsch aus und ist unempfindlich gegen Frost, der die aufgeblühte Knospe zerstören würde.
Zumeist sind auch noch die kompletten Pflanzen mit Farbe eingesprüht, um die unwissenden Käufer noch zusätzlich zum Zugreifen zu animieren. Also stellen diese überall erhältlichen Blumen genau das dar, was man eigentlich gar nicht haben möchte!
Die ursprüngliche Besenheide dagegen ist eine wichtige Bienenweide, die im Spätsommer bis in den Herbst hinein blüht und bis zu 40 Jahre alt werden kann. Sie ist auch die Lieferantin des beliebten Heidehonigs, den früher vor allem die Korbimkerei mit ihrer Schwarmbienenzucht lieferte und auch heute noch ein wichtiges Ziel der Wanderimkerei darstellt.
Der geleeartige Honig, der nur durch stippen der Zellen geerntet werden kann (er ist thixotrop, wird also erst durch Bewegung flüssig) wird als beruhigend, den Schlaf und den Appetit fördernd beworben und erzielt hohe Preise.
G. Pritsch gibt den Nektar der Heideblüte mit 23-39% Zucker an (Nektarwert 3, Pollenwert 3 von 4 Stufen) und den möglichen Hektarertrag mit 2-120kg Honig. Denn die Heide honigt bei weitem nicht jedes Jahr und auch das Wetter muss natürlich passen. Allerdings sind die Heidegebiete im Laufe der Zeit stark geschrumpft und die restlichen Gebiete werden mit viel Pflegeaufwand für die Natur und den Tourismus erhalten. Diese Gebiete sind nämlich nicht natürlich entstanden, sondern durch den Eingriff des Menschen und die Beweidung mit Schafen auf sandigen, nährstoffarmen Böden, die zum Ackerbau nicht (mehr) taugten.
Und so braucht auch unsere Garten-Besenheide einen sandigen, sauren Boden und fühlt sich zum Beispiel als Unterpflanzung unter Heidelbeeren oder Ginster wohl. Auch den Verbiss der Schafe sollte man nachahmen und nach der Blüte zur Schere greifen.
Auch in der ursprünglichen Heide wurden die Heidesträucher immer wieder gekürzt, denn man brauchte die Zweige für Besen oder für den First der mit Reet gedeckten Dächer. Heute leistet sie als Sicht- oder Windschutz durch ihre Wetterbeständigkeit gute Dienste.
Dieses Einkürzen ist für die Blühwilligkeit der Pflanzen wichtig, sonst werden sie mit der Zeit kahl.
Soll die Besenheide vermehrt werden, wartet man damit bis zur Samenreife im Frühjahr und legt die Zweige dann auf den neuen Platz. Die Samen fallen aus und können im Schutz der Zweige keimen. Alternativ kann man ältere Zweige, die sich bewurzelt haben, als Ableger verwenden.
Denn  bei angeblich über 10 000 Sorten findet man vielleicht nicht mehr exakt die Besenheidesorte, die man nachpflanzen möchte.
Ebenfalls auf sauren Boden angewiesen sind die nächsten beiden Heidekrautarten, die man im Handel findet: die Glockenheide (Erica tetralix) und die Grauheide (E. cinerea). Die Glockenheide blüht vom Juni bis September und ist in der Schweiz heimisch (laut Flora Helvetica in Bern, Luzern und Sankt Gallen). Die Grauheide blüht dagegen früher, ab Juni bis August, ein Vorkommen in der Schweiz ist nicht verzeichnet.
In den Gartencentern werden auch öfter die südafrikanische Glockenheide (E. gracilis), die Wachsheide (E. ventricosa) und die Kapheide (E. hiemalis) angeboten. Diese sind allerdings natürlich an unsere mitteleuropäischen Winter nicht angepasst und erfrieren, so dass man sie besser erst gar nicht kauft.
Wenn man nun aber nur kalkreichen Boden zu Verfügung hat und kein Moorbeet anlegen möchte, gibt es auch ein empfehlenswertes Heidekraut: die Schneeheide (Erica carnea) die von Januar bis in den April blüht, je nach Sorte. Deshalb wird sie manchmal auch Winterheide oder Frühlingsheidekraut genannt, im Gegensatz zur auch Sommerheide genannten Besenheide. Auch die Blüten sind ähnlich, deshalb werden diese Arten gerne verwechselt. Wer aber die Blätter genauer ansieht, kann sich nicht irren: während die Besenheide schuppenförmige, eng am Zweig anliegende Blättchen hat, schmückt sich die Schneeheide mit nadelförmigen Blättern, die wie bei einem Fichtenzweig quirlartig rundherum wachsen.
G. Pritsch gibt der Schneeheide sogar den höheren Nektarwert 4 und einen Pollenwert von immerhin 2. Die Pollenhöschen beider Pflanzenarten haben eine schmutzig-weissgraue bis rosa Färbung und sind damit recht gut zu erkennen.
Die Schneeheide liebt ebenfalls sandige Böden und toleriert von mässig sauer bis alkalisch jeden Kalkgehalt. Hauptsache der Boden ist schön durchlässig, mässig feucht und die Pflanze hat genügend Sonne. Denn diese Pflanze kommt überall im subalpinen Bereich der Schweiz an kalkhaltigen, trockenen Hängen vor und kommt bestens mit nährstoffarmen Böden zurecht. Wie alle Heidekräuter arbeitet sie mit einem Bodenpilz zusammen, der ihr die nötigen Nährstoffe liefert.
Vermehren lässt sie sich leicht durch Stecklinge im Spätsommer.
Wer noch eine Alternative auf kalkreichen Böden sucht und in sehr warmen Gegenden wohnt, der kann übrigens auch auf die Vielblütige Heide (E. multiflora) zurückgreifen, deren Verbreitungsgebiet vom Mittelmeerraum bis Nordafrika reicht. Diese ist deutlich höher, bis 2,5m und blüht wiederum im Herbst.
Wer nun übrigens glaubt, damit sei die mögliche Höhe eines Heide“krautes“ ausgeschöpft, den möchte ich zum Schluss noch auf die Baumheide (E. arborea) hinweisen, die angeblich stolze 20m erreichen kann und sich vom Januar bis Juli mit den typischen glockenförmigen Blüten ziert. Aber für alle, die nicht zufällig auf den Kanaren oder im Mittelmeerraum leben, bleibt dieser riesige Vertreter leider gärtnerisch unerreichbar.