, Margit Siegrist

Garten-Ringelblume (Calendula officinalis)

Im Dezember fällt es schwer, an blühende Pflanzen zu denken, vor allem nach den letzten kalten und nebligen Wochen. Trotzdem findet sich noch die eine oder andere Blüte im Garten und mit ihrem strahlenden Orange fällt die Ringelblume natürlich bei diesem Wetter doppelt auf.
Im Sommer gehen die schönen Blüten immer ein wenig im bunten Durcheinander unter, aber jetzt haben sie ihren Soloauftritt. Leider im zweifachen Sinn, denn auch Insekten werden im Moment keine vorbei kommen - ausser der Dezember glänzt wieder mit der üblichen Warmphase kurz vor oder an Weihnachten, die zuverlässig alle Hoffnung auf weisse Weihnachten beerdigt.
Die Ringelblume gehört zu der Familie der Korbblütler, wie schon viele Bienenweidepflanzen, die ich euch vorstellen durfte. Ihr Blütenaufbau ist dementsprechend klassisch schön, mit langen Zungenblüten rundum, deren Farbe je nach Sorte von cremeweiss bis tieforange reicht. Es gibt auch Züchtungen mit mehr Blütenblättern bis hin zu komplett gefüllten Blüten, aber letztere wird man als Bienenfreund tunlichst vermeiden.
Die Ringelblume wächst meist einjährig, aber es gibt durchaus Pflanzen, die den Winter unbeschadet überstehen und auch im zweiten Jahr wieder blühen.
Sie wird etwa 30-50cm hoch, je nach Bodenverhältnissen und Standort, wobei sie Sonne und nährstoffreicheren Boden vorzieht. So wandert sie meist in meinem Gemüsegarten umher, da ihr die Staudenbeete nicht mehr genug offenen Boden bieten. Nicht nur, dass die Blumen zwischen dem Gemüse wunderbar aussehen, sie nutzen ihm auch und sollten schon rein deshalb geduldet werden. Ringelblumen vertreiben nämlich kleine Fadenwürmer (Nematoden), die den Wurzeln der Gemüsepflanzen schaden und zur Bodenmüdigkeit beitragen, bei der die Nutzpflanzen trotz guter Versorgung nicht mehr richtig wachsen wollen.
Ist ein schon lange genutzter Garten auf diese Weise ausgelaugt, hilft neben der Versorgung mit gutem Kompost der Anbau einer Gründüngungsmischung mit Ringelblume und Tagetes.
Auch die Kornrade zeigt diese Eigenschaft, genauso wie die Acker-Ringelblume, die wilde Schwester unserer Garten-Ringelblume. Sie zählen wie der bekanntere Klatschmohn und die Kornblume zu den ursprünglichen Acker-Beikräutern, sind aber im Gegensatz zu ihnen gefährdet und gebietsweise schon verschwunden.
Dagegen sind die Garten-Ringelblumen noch weit verbreitet und im eigenen Garten auch leicht anzusiedeln. Es reicht, einige der sichelförmigen rauen Samen in den Beeten zu verteilen, den Rest macht die Ringelblume selbst. Nicht umsonst heisst sie im Volksmund auch Wucherblume, wobei sie nie lästig wird und an unpassenden Stellen mit einem Handgriff entfernt ist.
Ich entferne auch immer die zu blass blühenden Pflanzen, da ich eine kräftige Farbe schätze. Schnell hat sich ein kräftiges Gelb oder Orange bei mir eingestellt, so wie ich es gerne habe.
Die Blütenblätter kann man übrigens zu Tinkturen und Salben verarbeiten, die man bei schlecht heilenden Wunden, Entzündungen der (Schleim)Haut und Bibeli einsetzen kann (und sogar bei Geschwüren im Magen-Darmtrakt soll die Ringelblume helfen).
In Tees wird die Ringelblume oft als schmückendes Element eingesetzt, da die kräftige Farbe auch beim Trocknen erhalten bleibt. Laut Wikipedia wird die Ringelblume feldmässig in Deutschland, Niederlande, Ägypten, Polen, Ungarn und in den Balkanländern angebaut, da sie auch in der Lebensmittelindustrie gerne als Färbemittel eingesetzt wird (z.B. für Käse und Butter).
Die ursprüngliche Herkunft der Ringelblume liegt übrigens vermutlich im Mittelmeerraum, wie so viele Pflanzen ist sie mit dem Menschen in unsere Gegend gekommen. Und die Menschen haben ihr im Laufe der Zeit ganz unterschiedliche Namen gegeben wie Sonnwendblume, Goldblume, Butterblume oder Ringeli.
Auch einiger Aberglauben rankt sich um sie, so soll das Abreissen der Blume Gewitter herauf beschwören oder eine Zubereitung aus der Blüte den zukünftigen Ehegatten weissagen.
Auch eine Regenvorhersage lässt sich mit der Ringelblume machen: Ist die Blüte schon am frühen Morgen offen, wird es wohl trocken bleiben. Bleibt sie fest geschlossen, nimmt man besser den Regenschirm mit.
G. Pritsch weist der Ringelblume in seinem Buch „Bienenweide“ übrigens den Nektar- und Pollenwert 2 zu (von 4 möglichen Stufen), die Pollenhöschen sind kräftig orange.
Durch die offene Blütenform ist der Nektar der Ringelblume leicht zugänglich und auch für kurzrüsselige Insekten wie Schwebfliegen leicht erreichbar.
Gerade mit der momentanen Diskussion über die Wiederzulassung bestimmter Neonicotinoide im Zuckerrübenanbau lohnt sich vielleicht der Hinweis, dass Schwebfliegen mit ihren Larven effiziente Blattlauskiller sind. Aber wo keine Blume mehr blüht, da kann auch keine Schwebfliege überleben, geschweige denn Eier legen.
In dem Zusammenhang möchte ich auf den Artikel „Leere Reusen“ im letzten „Bienenjournal“ 12/2020 hinweisen.
Kurz erzählt: es wurden auf der Schwäbischen Alp in den 1970er Jahren in einer Stunde bis zu 10 000 wandernde Schwebfliegen gezählt, rund 50 Jahre später in der gleichen Zeit schlappe 290 Individuen!
Eine sehr traurige Feststellung, die sich aber in andere Studien über den Insektenrückgang einreiht und sie so bestätigt. Und eine gigantisches Bestäubungs- und Blattlausbekämpfungspotential, das einfach so verschwindet ... ohne, dass es lange Zeit überhaupt bemerkt wurde!